Gesche Gottfried, geboren am 6. März 1785 in Bremen, ist eine der berüchtigtsten Figuren der deutschen Kriminalgeschichte. Als Tochter eines Schneidermeisters und einer Wollnäherin wuchs sie in bescheidenen Verhältnissen auf, bevor sie durch die Heirat mit dem Sattlermeister Johann Miltenberg gesellschaftlich aufstieg. Doch hinter der Fassade der fürsorglichen Ehefrau und Mutter verbarg sich eine dunkle Seite, die Bremen über Jahre in Atem hielt.
Zwischen 1813 und 1827 tötete Gesche fünfzehn Menschen mit Arsen, darunter ihre Eltern, ihre drei Kinder, zwei Ehemänner und ihren Verlobten. Ihre Methode war heimtückisch: Das geschmacklose Gift mischte sie in Speisen wie Butterkuchen oder Suppe, während sie ihre Opfer scheinbar hingebungsvoll pflegte. Diese Täuschung brachte ihr den Beinamen „Engel von Bremen“ ein – niemand ahnte, dass sie selbst die Ursache des Leids war. Ihre Motive bleiben bis heute rätselhaft. Finanzielle Not, etwa nach dem Tod ihres verschwenderischen ersten Mannes, könnte eine Rolle gespielt haben. Doch warum sie auch ihre Kinder und Freunde vergiftete, lässt sich nicht eindeutig erklären. Manche vermuten eine psychische Störung, doch ein Gutachten wurde damals abgelehnt.
Die Mordserie begann 1813 mit ihrem ersten Ehemann und endete erst, als ihr Vermieter Johann Christoph Rumpff 1828 misstrauisch wurde. Er entdeckte weiße Körnchen auf einem Schinken, die sich als Arsen entpuppten. Am 6. März, ihrem 43. Geburtstag, wurde Gesche verhaftet. In den Verhören gestand sie die Taten, beschrieb sie jedoch oft emotionslos, als folge sie einem inneren Drang. Drei Jahre später, am 21. April 1831, wurde sie auf dem Bremer Domshof öffentlich enthauptet – die letzte Hinrichtung der Stadt. Über 35.000 Menschen sahen zu, wie ihr Kopf fiel, ein Zeichen des öffentlichen Entsetzens.
Bis heute markiert der „Spuckstein“ auf dem Domshof die Stelle ihrer Hinrichtung. Passanten spucken darauf, ein 200 Jahre alter Brauch der Verachtung. Gesches Geschichte fasziniert und erschüttert gleichermaßen: War sie eine berechnende Mörderin oder ein Opfer ihrer Zeit? Der Dramatiker Rainer Werner Fassbinder widmete ihr das Stück „Bremer Freiheit“, und auch moderne Werke wie der Film „Effigie – Das Gift und die Stadt“ greifen den Fall auf.
Gesche Gottfried bleibt ein düsteres Rätsel. Ihre Taten zeigen, wie nah Licht und Schatten beieinanderliegen können – eine Frau, die als Engel verehrt wurde, bis sie als eine der ersten dokumentierten Serienmörderinnen entlarvt wurde. Ihr Leben wirft Fragen auf, die selbst heute, fast zwei Jahrhunderte später, unbeantwortet bleiben.